«Facebook-Freundschaft» mit einer Verfahrenspartei kein Ausstandsgrund für Richter
Die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) hatte als Antwort auf das Gesuch eines Vaters die gemeinsame elterliche Sorge über das ausserehelich geborene Kind verfügt und Massnahmen angeordnet. Da der Präsident der KESB auf Facebook mit dem genannten Vater «befreundet» war, ersuchte die Mutter des Kindes um Aufhebung der KESB-Entscheide. Diese «Facebook-Freundschaft» würde einen Ausstandsgrund für den Präsidenten der KESB als Gerichtsbehörde darstellen.
Gestützt auf die Bundesverfassung und die Europäische Menschenrechtskonvention ergibt sich der Anspruch eines jeden, dass ein unparteiischer und unbefangener Richter den Fall beurteilt. Damit die Ausstandspflicht eines Richters gegeben ist, muss nach objektiver Betrachtung der Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit des Richters bestehen. Dies wäre in diesem Fall gegeben, wenn eine «traditionelle Freundschaft» angenommen werden könnte.
Um von einer «traditionellen Freundschaft» sprechen zu können, ist eine gewisse Nähe zwischen den Personen erforderlich, namentlich eine gewisse Sympathie und Zuneigung. Bei blosser Bekanntschaft über ein soziales Netzwerk, ohne Hinweise wie regelmässigen Kontakt über diese Plattform, fehlt eine solche Nähe. Ein Freundschaftsverhältnis zu einem Richter oder Anwalt kann keinen Ausstandsgrund bilden, wenn im Hinblick auf die Intensität und Qualität der Freundschaft die entsprechende Partei nicht in ihrer Meinungsbildung und Urteilsfällung beeinflusst wird.
Gemäss durchgeführter Studien erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von reinen Facebook-Freundschaftsvertragspartnern, mit denen kein regelmässiger Kontakt gepflegt wird oder die man nicht persönlich kennt beziehungsweise nicht einmal im Bewusstsein als «Facebook-Freunde» akzeptiert hat, sobald ein Nutzer mehr als 150 «Freunde» zählt.
Neben dem Bestehen der «FacebookFreundschaft» müssen also zusätzliche Hinweise auf eine gewisse Nähe schliessen lassen. Solche zusätzlichen Hinweise fehlten in diesem Fall. Das alleinige Bestehen einer «FacebookFreundschaft» bildet somit keinen hinreichenden Ausstandsgrund.
Nachdem die Beschwerde der Mutter vom Walliser Kantonsgericht abgewiesen wurde, zog diese den Fall weiter ans Bundesgericht. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ebenfalls ab.