Vertragspartner zahlt nicht - was tun?
Obwohl die eigene Leistung erbracht wurde, bezahlt der Vertragspartner nicht. Wie kann die offene Forderung geltend gemacht und durchgesetzt werden?Autor: lic. iur. HSG David BrasselVertragspartner zahlt nicht – was tun?
Täglich schliessen wir Verträge ab, bei denen sich in der Regel Leistung und Gegenleistung gegenüberstehen. Vielfach ist eine der beiden Leistungen in Geld zu erbringen. Was ist zu tun, wenn diese Geldleistung nicht erbracht wird?
Damit eine Geldleistung eingefordert werden kann, muss sie fällig sein. Regelt der Vertrag den Zahlungstermin nicht, wird der Schuldner durch eine Mahnung des Gläubigers in Verzug gesetzt. Gleichzeitig ist dem Schuldner eine angemessene Frist anzusetzen, innert welcher er bezahlen muss. Verstreicht die Frist ungenutzt, kann der Gläubiger seine Forderung vor Gericht geltend machen.
Betreibung
Geldforderungen können in der Schweiz im Betreibungsverfahren nach den Regeln des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) durchgesetzt werden. Der Gläubiger kann beim zuständigen Betreibungsamt ein Betreibungsbegehren gegen den Schuldner einreichen. In der Folge wird das Betreibungsamt dem Schuldner einen Zahlungsbefehl über die geltend gemachte Summe zukommen lassen. Bezahlt der Schuldner den in Betreibung gesetzten Betrag, sind keine weiteren Schritte seitens des Gläubigers notwendig. Bleibt der Schuldner nach Erhalt des Zahlungsbefehls untätig, gilt die Forderung als akzeptiert und das Betreibungsverfahren wird auf Begehren des Gläubigers fortgesetzt. Je nachdem, welcher Art der Schuldbetreibung der Schuldner im konkreten Fall unterliegt, wird das Verfahren entweder auf Pfändung, auf Pfandverwertung oder auf Konkurs fortgesetzt.
Gibt der Schuldner nach Erhalt des Zahlungsbefehls innert 10 Tagen durch Rechtsvorschlag zu verstehen, dass er die Forderung nicht akzeptiert, muss der Richter entscheiden. Dabei sind zwei Verfahren möglich: das Rechtsöffnungsverfahren oder die ordentliche Forderungsklage.
Rechtsöffnung
Der Gläubiger ist in der Regel am Rechtsöffnungsverfahren interessiert, weil dieses im summarischen Verfahren nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) rasch und kostengünstig geführt werden kann. Das SchKG unterscheidet zwischen der definitiven und der provisorischen Rechtsöffnung.
Die definitive Rechtsöffnung wird erteilt, wenn die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil oder einem gleichgestellten Dokument beruht.
Die provisorische Rechtsöffnung wird erteilt, wenn die Forderung in einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung begründet ist. Eine Schuldanerkennung wird definiert als eine schriftliche, vom Schuldner unterzeichnete oder durch öffentliche Urkunde ausgewiesene, vorbehaltlose Erklärung, wonach der Schuldner dem Gläubiger einen genau bestimmten oder bestimmbaren Betrag schuldet. Im provisorischen Rechtsöffnungsverfahren sind sämtliche Einreden und Einwendungen durch den Schuldner zulässig. Diese können sich auf fehlende Prozessvoraussetzungen, einen fehlenden Rechtsöffnungstitel, Bestand oder Höhe der Forderung, Willensmängel, Tilgung, Stundung, Verjährung, Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des Vertrages etc. beziehen. Die Einreden müssen vom Schuldner nicht bewiesen, sondern nur sofort glaubhaft gemacht werden. Dies bedeutet, dass der Rechtsöffnungsrichter nicht vollständig vom Vorhandensein der behaupteten Tatsache überzeugt werden muss.
Sind die Voraussetzungen aus Sicht des Richters erfüllt, erteilt er dem Gläubiger die Rechtsöffnungsöffnung und beseitigt den Rechtsvorschlag des Schuldners. Handelt es sich um eine provisorische Rechtsöffnung, kann sich der Schuldner durch eine Aberkennungsklage zur Wehr setzen und die Forderung von einem Zivilgericht beurteilen lassen. Umgekehrt hat der Gläubiger im Falle der Abweisung des Rechtsöffnungsgesuches die Möglichkeit, eine Anerkennungsklage einzuleiten und die Forderung von einem Zivilgericht beurteilen zu lassen. Diese Möglichkeiten bestehen nur bei der provisorischen Rechtsöffnung, nicht aber bei der definitiven Rechtsöffnung, weil diesfalls die Forderung bereits durch ein Gericht beurteilt worden ist und Bestandteil eines rechtskräftigen Urteils bildet.
Sobald der Richter die Rechtsöffnung erteilt und somit den Rechtsvorschlag beseitigt hat, kann der Gläubiger die Betreibung fortsetzen, sofern der Schuldner keine Aberkennungsklage eingeleitet hat.
Forderungsklage
Fehlt ein Rechtsöffnungstitel oder weist der Richter das Rechtsöffnungsgesuch des Gläubigers ab, muss dieser die Forderung vor dem ordentlichen Zivilgericht einklagen und einen vollstreckbaren Gerichtsentscheid erwirken. Diese Forderungsklage wird nicht wie das Rechtsöffnungsgesuch im summarischen Verfahren, sondern im ordentlichen oder im vereinfachten Verfahren der ZPO beurteilt. Ein derartiges Zivilverfahren ist im Vergleich zum Rechtsöffnungsverfahren aufwändiger und teurer. Die Gerichtskosten sind abhängig vom Streitwert und müssen vom Gläubiger als Kläger vorschussweise bezahlt werden. Er kann diese Kosten zusammen mit seiner Forderung beim Schuldner geltend machen, wenn das Gericht seine Klage gutheisst.
Der Gläubiger ist als Kläger beweispflichtig für das Zustandekommen des Vertrages sowie die Höhe und den Bestand der eingeklagten Forderung. Dabei trägt er das Risiko, dass der Beweis nicht gelingt. Anders als im Rechtsöffnungsverfahren ist der Beweis jedoch nicht auf Urkunden beschränkt, sondern kann auch unabhängig von einer allfälligen Schuldanerkennung beispielsweise mit der geführten Korrespondenz, E-Mails, Bestellscheinen oder Zeugenaussagen geführt werden. Heisst der Zivilrichter die Klage gut, kann das Betreibungsverfahren fortgesetzt oder neu eingeleitet werden, wobei in einem allfälligen neuen Rechtsöffnungsverfahren das Urteil als definitiver Rechtsöffnungstitel gilt. Einreden gegen Höhe und Bestand der Forderungen sind damit für den Schuldner nicht mehr möglich, weil sich der Zivilrichter bereits eingehend mit diesen Fragen befasst und ein rechtskräftiges Urteil gefällt hat.