Neues Tabakproduktegesetz seit 1. Oktober 2024 in Kraft
Welche Neuerungen sind bei Herstellung und Vertrieb von Tabak- und weiteren Produkten zu beachten?Autor: lic. iur. HSG Christoph PetererNach langer Ankündigung sind am 1. Oktober 2024 das Tabakproduktegesetz («TabPG») sowie die dazugehörige Verordnung («TabPV») in Kraft getreten. Das TabPG regelt neu auch elektronische Zigaretten, welche bisher im Schweizer Recht nicht geregelt waren und lediglich über den Umweg des «Cassis-de-Dijon»-Prinzips in der Schweiz verkehrsfähig waren, sofern sie den technischen Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft entsprachen und in einem EG- oder EWR-Mitgliedstaat rechtmässig in Verkehr waren. Mit der Einführung des TabPG können diese – und weitere Produkte – nun direkt gestützt auf das Schweizer Recht in Verkehr gebracht werden.
Neben den klassischen Tabakprodukten regelt das TabPG neu auch andere Produkte, wie z.B. Nikotinprodukte zum oralen Gebrauch (Art. 3 lit. d TabPG), elektronische Zigaretten (Art. 3 lit. f TabPG) oder auch gleichartige Produkte (Art. 4 TabPG). Unter gleichartigen Produkten werden dabei Produkte verstanden, die bezüglich Inhalt oder Konsumweise mit einem Tabakprodukt oder einer elektronischen Zigarette vergleichbar sind (Art. 4 Abs. 1 TabPG). Die TabPV enthält in Art. 2 eine nähere Umschreibung der gleichartigen Produkte: dies sind insbesondere pflanzliche Produkte zum Erhitzen (Art. 2 lit. a TabPV), Nikotinprodukte zum Schnupfen (Art. 2 lit. b TabPV) sowie Produkte ohne Tabak für Wasserpfeifen (Art. 2 lit. c TabPV).
Das TabPG enthält zahlreiche neue Vorschriften in Bezug auf Verpackungen und Kennzeichnungen (Art. 8 ff. TabPG), Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring (Art. 18 ff. TabPG), Abgabe an Minderjährige (Art. 23 f. TabPG) sowie Pflichten und Einfuhrbeschränkungen (Art. 25 ff. TabPG). Nachfolgend werden ausgewählte Vorschriften näher dargestellt, wobei kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.
Verpackung
Was die Vorschriften in Bezug auf die Verpackungen betrifft, so ist in Zusammenhang mit elektronischen Zigaretten insbesondere Art. 9 TabPG von Interesse. Demnach dürfen Behälter von nikotinhaltigen Flüssigkeiten ein maximales Volumen von 10ml bei Nachfüllmaterial bzw. 2ml bei elektronischen Einwegzigaretten und Einwegkartuschen haben. Diese Bestimmung wurde von Art. 20 Abs. 3 lit. a) der EU-Tabakrichtlinie (Richtlinie 2014/40/EU) übernommen. Darüber hinaus müssen Behälter für Nachfüllmaterial mit nikotinhaltigen Flüssigkeiten kindersicher und bruchsicher sein und über einen auslauffreien Mechanismus für die Nachfüllung verfügen (Art. 16 TabPG).
Kennzeichnung
Produkte, welche dem TabPG unterliegen, müssen bestimmte Kennzeichnungsanforderungen einhalten. Insbesondere die obligatorischen Angaben (Art. 10 TabPG) sowie die Warnhinweise (Art. 13 TabPG) sind von Interesse. Als obligatorische Angaben müssen die Sachbezeichnung, die Firmenbezeichnung, das Produktionsland sowie die Warnhinweise auf den Verpackungen aufgeführt sein. Die obligatorischen Angaben müssen in unverwischbarer, gut sichtbarer und in leicht lesbarer Schrift und mindestens einer Amtssprache aufgeführt sein (Art. 9 und Art. 11 TabPV). Unzulässig sind Hinweise auf eine krankheitsheilende, -lindernde oder -verhütende Wirkung von Tabakprodukten oder elektronischen Zigaretten auf dem Produkt oder auf der Verpackung (Art. 12 Abs. 2 TabPG).
Abhängig von der Produktart unterscheiden sich die Warnhinweise, welche auf der Verpackung aufgeführt sein müssen (Art. 13 ff. TabPG). Warnhinweise bestehen aus schriftlichen Teilen (z.B. «Rauchen ist tödlich – hören Sie jetzt auf», «Dieses Produkt schädigt Ihre Gesundheit und macht stark abhängig», «Dieses Produkt kann Ihre Gesundheit schädigen») sowie – für Tabakprodukte zum Rauchen und pflanzliche Rauchprodukte – aus bildlichen Darstellungen gemäss Anhang 2 der TabPV.
Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring
Werbung für elektronische Zigaretten, welche sich an Minderjährige richtet, war vor Inkrafttreten des TabPG grundsätzlich zulässig, es sei denn, kantonale Vorschriften haben diese verboten. Mit Einführung des TabPG ist Werbung, welche sich an Minderjährige richtet, nun auch für elektronische Zigaretten bundesweit untersagt (Art. 18 Abs. 1 TabPG). Darüber hinaus ist seit dem 1. Oktober 2024 auch die Abgabe von elektronischen Zigaretten an Minderjährige verboten (Art. 23 Abs. 1 TabPG).
Grundsätzlich ebenfalls verboten ist die Verkaufsförderung durch die unentgeltliche Abgabe von Tabakprodukten oder elektronischen Zigaretten oder durch die Abgabe von Geschenken oder Preisen (Art. 19 Abs. 1 TabPG). Auch das Sponsoring von Veranstaltungen ist untersagt, wenn solche Veranstaltungen einen internationalen Charakter haben oder auf ein minderjähriges Publikum abzielen (Art. 20 Abs. 1 TabPG).
Selbstkontrolle
Wie im Lebensmittelrecht gilt auch im Tabakprodukterecht das Prinzip der Selbstkontrolle (Art. 25 Abs. 1 TabPG). Die TabPV enthält in den Art. 21 bis 24 detaillierte Ausführungsbestimmungen zur Selbstkontrolle, welche von Herstellern und Unternehmen, welche solche Produkte auf dem Schweizer Markt bereitstellen, eingehalten werden müssen. Die Anforderungen an Unternehmen – insbesondere auch in Bezug auf elektronische Zigaretten –steigen mit diesen Vorschriften stark an und betroffene Unternehmen müssen ein entsprechendes Selbstkontrollkonzept erarbeiten, welches insbesondere folgende Punkte regelt (Art. 21 Abs. 2 TabPV): (a) die Aspekte zur Gewährleistung einer standardisierten Herstellung der Produkte gemäss den vom Hersteller oder gegebenenfalls von der Branche der Tabakprodukte oder der elektronischen Zigaretten festgelegten Verfahren, (b) die Entnahme von Proben und deren Analyse sowie die Beschreibung der angewandten Methoden, sowie (c) gegebenenfalls die Rücknahme und den Rückruf. Das Selbstkontrollkonzept ist regelmässig zu aktualisieren (Art. 21 Abs. 3 TabPV) und muss auf Verlangen den Vollzugsbehörden vorgelegt werden (Art. 21 Abs. 4 TabPV).
«Cassis-de-Dijon»- Prinzip
Das «Cassis-de-Dijon»-Prinzip gemäss Art. 16a des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse («THG») wurde durch Anpassung der «Verordnung über das Inverkehrbringen von nach ausländischen technischen Vorschriften hergestellten Produkten und über deren Überwachung auf dem Markt» («VIPaV») im Bereich der elektronischen Zigaretten eingeschränkt. So sind insbesondere folgende Produkte vom Anwendungsbereich des Art. 16a THG ausgenommen (Art. 2 Ziff. 13 und 14 VIPaV): (a) Nikotinprodukte ohne Tabak zum oralen Gebrauch nach Art. 3 Bst. d TabPG und elektronische Zigaretten ohne Nikotin nach Art. 3 Bst. f TabPG, deren Verpackung keinen Warnhinweis nach Art. 14 Abs. 1 Bst. b oder e TabPG trägt, sowie (b) gleichartige Produkte nach Art. 2 TabPV, deren Verpackung keinen Warnhinweis aus der Einstufung nach Art. 3 TabPV und keinen Warnhinweis nach Art. 13 TabPV trägt.
Abgesehen davon ist das «Cassis-de-Dijon»-Prinzip aber auch im Bereich der elektronischen Zigaretten nach wie vor anwendbar und, sofern die Voraussetzungen von Art. 16a THG erfüllt sind, dürfen elektronische Zigaretten nach wie vor gestützt auf diese Regelung in der Schweiz in Verkehr gebracht werden.